Diese Website verwendet Funktionen, die Ihr Browser nicht unterstützt. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf eine aktuelle Version.

Lenbachhaus 1948: Ausstellung der Jüdischen Künstler

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Eine Künstlerin und vier Künstler der Sche’erit Hapleta stellten ihre Werke im November 1948 in der Städtischen Galerie im Lenbach­haus aus. Sie hatten überlebt und beanspruchten eine Stimme.

Diese Story stellt sie vor und rekonstruiert die „Ausstel­lung der Jüdischen Künstler“.



Initiative

Bereits im Januar 1947 organi­sierte der Künstler und Professor an der UNRRA-Universität Maximilian Feuerring eine Ausstel­lung mit 336 Arbeiten von 71 DP-Künstler*innen, darunter 35 eigene Arbeiten. Vertreten waren Künstler*innen aus Polen, Litauen, Lettland, Estland, Russland, Jugoslawien und der Ukraine, die als Displaced Persons in der US-Zone registriert waren. Sie wurden nach ihrer Herkunft im Ausstellungs­programm gelistet, eine eigene Kategorie „jüdisch“ gab es nicht.

Die Idee zu einer Ausstellung jüdischer DP-Künstler*innen entstand im Oktober 1947. Feuerring war Mitglied im Schrift­steller­verband der befreiten Juden, zu dem neben Schrift­steller*innen und Journalist*innen auch einige wenige bildende Künst­ler*innen gehörten. Im Oktober 1947 beschloss die Gruppe eine eigene Ausstellung zu organisieren. Es wurde ein „Künstler-Rat“ gegründet und mit der Organi­sation betraut.

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Bürokratie

Im Januar 1948 wandte sich der „Künstler-Rat“ mit dem Wunsch nach Ausstellungsräumen an Philipp Auerbach, Staats­kommis­sar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte in Bayern, und die Direktion der Städtischen Kunst­sammlungen.

Die Leitung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus hatte zu dieser Zeit Dr. Arthur Rümann inne, der zugleich Direktor der Städtischen Kunst­sammlungen war. Er sollte das stark zerstörte Gebäude der Städtischen Galerie am Königsplatz wieder nutzbar machen. Rümann nahm die Anfrage streng bürokratisch auf:

Ich schicke Ihnen die betref­fenden Herren der jüdischen Künstlergruppe zu persönlichen Verhandlungen und möchte dabei bemerken, dass die Herren mir ausdrücklich gesagt haben, die amerikanische Militär­regierung befürwortet ihren Plan, sodass sie wohl in der Lage sein werden (im Gegen­satz zu unseren Münchner Künstlern) die Mietsumme, um deren Fest­setzung ich Sie ersuche, zu bezahlen. Ich möchte beson­deren Nachdruck darauf legen, dass der Mietvertrag mit den Herren schriftlich festgelegt wird, um nicht Gefahr zu laufen, nachträglich Enttäuschungen erleben zu müssen.

Arthur Rümann, 19. Oktober 1948

Nachdem Feuerring nochmals persönlich vorgesprochen hatte, erfolgte die Zusage für vier Räume im linken Flügel des Ober­geschos­ses. Neben 376 DM für die Raum­miete und 110 DM für Reinigungs­kosten wurde verein­bart, dass die Ausstellenden das Kassen- und Aufsichtspersonal selbst stellen und die Heizkosten übernehmen.

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Jewish Research, New York

Plakat „Oysshtelung fun yidishe kinstler“ [Ausstellung der Jüdischen Künstler], Hg. vom Kulturamt des Zentralkomitees der befreiten Juden in der amerikanischen Zone, München, 1948

Am 7. November 1948 konnte die „Ausstellung der Jüdischen Künst­ler“ eröffnet werden.

  • Bild: From the Archives oft he YIVO Institute for Research, New York

Pinkus Schwarz (später Pinchas Shaar), Maximilian Feuerring, Ewa Brzezińska und Hirsch Szylis (v.l.n.r.), Städtische Galerie im Lenbachhaus, 1948

  • Bild: From the Archives oft he YIVO Institute for Research, New York

Eröffnung der „Ausstel­lung der Jüdischen Künstler“, Städtische Galerie im Lenbachhaus, 1948

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Pinkus Schwarz (später Pinchas Shaar), Hirsch Szylis, Ewa Brzezińska (sitzend) im Eingangsbereich der Städtische Galerie im Lenbachhaus, 1948

Puzzle

Im Archiv der Städtischen Galerie im Lenbachhaus befindet sich eine Broschüre mit den Titeln der 165 in der Ausstellung gezeigten Kunst­werke sowie kurzen Bio­grafien der fünf Beitragenden. Abbildungen gibt es in der Bro­schüre nicht. Mithilfe von zeit­genössischen Fotos, aufgenom­men von Alex Hochhäuser, und der Unter­stützung zahlreicher Archive und Museen konnte das Jüdische Museum München nun einige der gezeigten Werke in heutigen Sammlungen ausfindig machen und zuordnen.



  • Bild: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München

Begleitheft zur „Ausstellung der Jüdischen Künstler“, Hg. vom Kulturamt des Zentralkomitees der befreiten Juden in der US-Zone, München, Herbst 1948

  • Bild: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München
  • Bild: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München
  • Bild: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München

Ewa Brzezińska

später Neuman (1911 in Łódź —1985 in Tel Aviv)
  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Ewa Brzezińska überlebte das Getto Łódź und mehrere Konzentrationslager. Nach ihrer Befreiung kam sie in das DP-Krankenhaus Gauting und anschließend in das DP-Lager Bad Wörishofen, wo sie im lagereigenen Kranken­haus arbeitete.

Mehr zur Biografie

Ewa Brzezińska besuchte in Łódź eine Zeichenschule und lernte bei den Malern Adolf Behrman, bekannt für seine Szenen aus dem sogenannten Schtetl, und Konstanty Mackiewicz, der unter anderem Theater­kulissen entwarf. Brzezińska präsentierte ihre Arbeiten bei der „Exhibition of Jewish Artist“ in Łódź 1932 und bei der „Exhibition of YIVO“ in Vilnius 1938.

1939 wurde sie in das Getto Łódź verschleppt und später in verschiedene Konzentrations­lager depor­tiert, bis sie schließ­lich aus einem Deporta­tions­zug aus dem Außen­lager Allach bei Dachau befreit wurde. Sie befand sich bis März 1946 im DP-Krankenhaus Gauting und kam dann in das jüdische DP-Lager Bad Wörishofen in der Nähe von Lands­berg. Hier arbeitete sie als Sozialarbeiterin im lager­eigenen DP-Krankenhaus.

Brzezińska emigrierte 1949 nach Israel und stellte 1959, 1962 und 1965 in der Gruppen­ausstellung „Kunst in Israel“ im Tel Aviv Museum of Art aus.

Nach der Befreiung begann ich wieder zu arbeiten. Wegen des Mangels von Ölfarben male ich vorläufig nur mit Aquarell.

Ewa Brzezińska

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Jewish Research, New York

Handschriftlicher Lebenslauf für den Schrift­stellerverband der Sche’erit Hapleta, DP-Lager Bad Wörishofen, um 1947

Transkript

Ich bin in der Stadt Lodz in Polen geboren. Nach Been­digung einer Mittel­schule besuchte ich eine Zeichenschule und gleich­zeitig lernte ich Malerei bei dem bekannten Künstler Adolf Behrman und 3 Jahre beim Theater-Dekorateur Konstany Mackiewicz. Meine Bilder waren auf verschiedenen Ausstellungen in Lodz und Warschau. Im Jahre 1938 habe ich für mein Bild „Blumen“ eine Auszeich­nung auf der Ausstellung im Verband der Jüdischen Maler in Warschau bekom­men.

Meine alle Bilder (60 St.) sind von Deutschen geraubt worden. Meine 30 Bilder aus Lodzer Getto hat man mir in Auschwitz weg­genommen. Das letzte Kriegsjahr verbrachte ich in verschiedenen Konzen­trationslagern in Deutsch­land.

Nach der Befreiung begann ich wieder zu arbeiten. Wegen des Mangels von Ölfarben male ich vorläufig nur Aquarell.

Gezeigte Werke

  • Bild: Żydowski Instytut Historyczny/Jewish Historical Institute

Pejzaż [poln. Landschaft], o.O., nach 1945, Aquarell

  • Bild: Żydowski Instytut Historyczny/Jewish Historical Institute

Drzewa [poln. Bäume], o.O., nach 1945, Aquarell

In der „Ausstellung der Jüdischen Künstler“ zeigte Brzezińska zwanzig Aqua­relle, die sie im DP-Lager gemalt hatte, elf davon mit dem Titel „Pejzaż“ [poln. Landschaft]. Eines der Bilder befindet sich seit der Nach­kriegszeit in der Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau. Es ist in der linken Ecke mit E. BRZEZIŃSKA, in der rechten unteren Ecke auf Hebräisch signiert. Das Aquarell „Drzewa“ [poln. Bäume] befindet sich — wahrschein­lich wegen Papiermangels — auf der Rückseite des Aqua­rells „Pejzaż“. Es ist ebenfalls in der linken Ecke mit E. BRZEZIŃSKA, in der rechten unteren Ecke auf Hebräisch signiert.

Liste aller gezeigten Werke

1. Autoporträt, Aquarell

2. Sonnenbad, Aquarell

3. Blumen, Aquarell

4. Blumen, Aquarell

5. Blumen, Aquarell

6. Blumen, Aquarell

7. Blumen, Aquarell

8. Blumen, Öl

9. Blumen, Öl

10. Landschaft, Aquarell

11. Landschaft, Aquarell

12. Landschaft, Aquarell

13. Landschaft, Aquarell

14. Landschaft, Aquarell

15. Landschaft, Aquarell

16. Landschaft, Aquarell

17. Landschaft, Aquarell

18. Landschaft, Aquarell

19. Landschaft, Aquarell

20. Landschaft, Aquarell

Alltagsszene aus dem Getto

  • Bild: Ghetto Fighters House Archives

Jauchewagen im Getto Łódź, o.O., um 1947, Aquarell

Ewa Brzezińska doku­men­tierte eine Alltagsszene aus dem Getto Łódź: Das mühe­volle Entsorgen der Ab­wässer. Auch andere Künstler dort, darunter Hirsch Szylis, Israel Lejserowicz, Itzhak (Wincenty) Brauner und der Fotograf Mendel Grossman stellten diesen Anblick in ihren Werken dar.

Maximilian Feuerring

(1896 in Lwiw — 1985 in Sydney)
  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Maximilian Feuerring wirkte als Künstler, Kunstkritiker und Professor in verschie­de­nen europäischen Ländern. Er überlebte das polnische Offiziers­gefangenenlager in Murnau am Staffelsee. Nach seiner Befreiung wurde er Professor an der UNRRA-Universität.

Mehr zur Biografie

Maximilian Feuerring stu­dierte Malerei in Florenz und Rom. 1926 habilitierte er sich und ging nach Paris. Er war als Künstler, Kunst­kritiker und Profes­sor in verschiedenen euro­päischen Ländern tätig und unterrichtete ab 1934 in Warschau. Am 1. September 1939 wurde er als Oberleutnant in die polnische Armee einge­zogen. Nach seiner Gefangen­nahme durch die Deutschen kam er im Dezember 1939 in das polnische Offiziers­gefangenenlager Oflag VII-A in Murnau am Staffelsee. Wie in anderen deutschen Kriegs­gefangenenlagern wurden die Internierten jüdischer Herkunft – also auch Feuerring – von den übrigen Gefangenen phasen­weise getrennt und in sogenannten Lager­gettos untergebracht.

Nach seiner Befreiung wurde Feuerring als Professor an die UNRRA-Universität berufen. Er organisierte 1947 die „Ausstellung der Displaced Persons“ mit 71 DP-Künstlerinnen und -Künstlern. Ein Jahr später, in der „Ausstellung der Jüdischen Künstler“ zeigte er 74 eigene Werke, die in der Kriegsgefangenschaft und in seiner Zeit als DP in München entstanden waren.

Feuerring emigrierte 1950 nach Sydney und gab seine Werke unter anderem an die National Gallery of Australia, an das Sydney Jewish Museum und an die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem.

Gezeigte Werke

  • Bild: Jewish Museum Sydney

Help the Prisoners of War [Helft den Kriegsgefangenen], Murnau (Oberbayern), 1942–1945, Aquarell

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: Jewish Museum Sydney

View from Offizier Lager [Blick aus dem Offizierslager], Murnau (Oberbayern), 1939–1945, Serie von 14 Aquarellen

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Maximilian Feuerring in der „Ausstellung der Jüdischen Künstler“, Städtische Galerie im Lenbachhaus, 1948

Maximilian Feuerring präsentierte Werke mit den Titeln „Frühling“, „Land­schaft“, „Zaun“ oder „Staffelsee“, die wohl im Invaliden-/Kranken­block des Kriegsgefangenenlagers entstanden sind. Nur dort war ihm das Malen erlaubt. Die Serie von Aquarellen „Blick aus dem Offiziers­lager“ befindet sich im Sydney Jewish Museum und spiegelt immer dieselbe Aussicht: Zaun, Bäume, See, Alpen und Himmel, die sich nur je nach Tageszeit, Wetter und Jahreszeit verändern. Die Werke sind in der rechten unteren Ecke mit „M Feuerring“ signiert. Die Rückseiten aller Werke sind mit dem Stempel „Oflag V11 A 18 Gepruft“ (von einem Zensor geprüft) versehen.

Unter den fünf jüdischen Künstlern, die in der Städtischen Galerie ihre Arbeiten zeigen, ist Maximilian Feuerring der gereif­teste: ein starkes, die Welt der Erscheinung in Farbe sehendes, diszipliniertes Talent.

Süddeutsche Zeitung, 11.12.1948

Liste aller gezeigten Werke

21. Mutter u. Kind, Schichtenguache

22. Stilleben, Schichtenguache

23. Ruinenstadt, Schichtenguache

24. Blumenbinderin, Schichtenguache

25. Blumen, Schichtenguache

26. Mohnblumen, Schichtenguache

27. Frühling im Garten, Schichtenguache

28. Spaziergang, Schichtenguache

29. Vorfrühling, Schichtenguache

30. Blumen, Schichtenguache

31. Frauenkopf, Schichtenguache

32. Gärtner, Schichtenguache

33. Vor der Oper, Schichtenguache

34. Starnbergersee, Schichtenguache

35. Zwei Akte, Tempera

36. Stilleben, Tempera

37. Staffelsee, Tempera

38. Der Zaun, Tempera

39. Jahrmarktbude, Tempera

40. Kasperltheater, Tempera

41. Halbfigur, Tempera

42. Sitzende, Tempera

43. Vor dem Spiegel, Tempera

44. Das Alter, Tempera

45. Blumen, Tempera

46. Akte, Tempera

47. Blumen, Tempera

48. Blumen, Tempera

49. Begegnung, Tempera

50. Landschaft, Tempera

51. Zwei Köpfe, Tempera

52. Kaffeehaus, Tempera

53. Staffelsee, Tempera

54. Toilette, Tempera

55. Halbakt, Tempera

56. Frühling, Aquarell

57. Blumen, Aquarell

58. Blumen mit Frauenkopf, Aquarell

59. Blumen, Aquarell

60. Blumen, Aquarell

61. Landschaft, Aquarell

62. Kinderfrauen, Aquarell

63. Komposition, Farbige Tusche

64. Sitzende, Farbige Tusche

65. Im Garten, Farbige Tusche

66. Begegnung, Farbige Tusche

67. Carneval, Farbige Tusche

68. Im Atelier, Farbige Tusche

69. Zwei Welten, Farbige Tusche

70. In der Gardarobe, Farbige Tusche

71. Mutter und Tochter, Farbige Tusche

72. Singende Kinder, Farbige Tusche

73. Das Kämmen, Farbige Tusche

74. Zwei Köpfe, Farbige Tusche

75. Im Eisenbahnwagen, Farbige Tusche

76. Auf der Straße, Farbige Tusche

77. In der Taverne, Farbige Tusche

78. Auf der Straße, Farbige Tusche

79. Komposition, Farbige Tusche

80. Auf der Straße, Farbige Tusche

81. Bukolik, Farbige Tusche

82. Arzt und Patient, Farbige Tusche

83. In der Taverne, Farbige Tusche

84. Familie, Farbige Tusche

85. In der Loge, Farbige Tusche

86. Auf Reise, Farbige Tusche

87. In der Loge, Farbige Tusche

88. Besuch, Farbige Tusche

89. Familie, Farbige Tusche

90. Auf der Bühne, Farbige Tusche

91. Akt, Zeichnung

92. Akt, Zeichnung

93. Sitzende, Zeichnung

94. Stehende, Zeichnung

95. Tango in der Kriegsgefangenschaft, Zeichnung

Leon Kraicer

/ Kreuzer / Kraitzer / Krajcer (1913 in Warschau — Todes­jahr und -ort unbekannt)

Leon Kraicer wurde 1913 in Warschau geboren. Er über­lebte das Warschauer Getto und kam nach seiner Befrei­ung ins DP-Lager Bergen-Belsen. 1948 lebte er im jüdischen DP-Lager Gerets­ried in einer früheren Fabrik­arbeiter­siedlung bei Wolfrats­hausen. Über den weiteren Weg von Leon Kraicer ist bisher nichts bekannt.

Gezeigte Werke

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

„Betrunken“, Holzplastik, o.J.

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Pinkus Schwarz (Pinchas Shaar), Maximilian Feuerring, Hirsch Szylis (v.l.) neben der Skulptur „Betrunken“ auf dem Sockel.

Leon Kraicer zeigte fünf Skulp­turen aus Holz mit Werk­titeln wie „Musikanten“, „Debatte“ und „Betrunken“ in der „Ausstellung der Jüdischen Künstler“. Die Skulpturen sind heute ver­schollen.

Liste aller gezeigten Werke

96. Musikanten, Holzplastik

97. Verkäuferin, Holzplastik

98. Debatte, Holzplastik

99. Meditation, Holzplastik

100. Betrunken, Holzplastik

Pinkus Schwarz

früher Pinkus Szwarc, später Pinchas Shaar (1923 in Łódź — 1996 in New York)
  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Der Jüngste unter den Ausstellenden war Pinkus Schwarz. Er überlebte das Getto Łódź und zwei Konzen­trations­lager. Nach der Befreiung kehrte er nach Łódź zurück, wollte aber nach dem Erlebten dort nicht bleiben. Über das DP-Hospital St. Ottilien gelangte er in das DP-Sanatorium für Tuberkulose-Kranke in Gauting, wo er wieder zu malen begann.

Mehr zur Biografie

Pinkus Schwarz hatte in frühen Jahren bei Władysław Strzemiński gelernt, einem der bedeu­tendsten Künstler der Avantgarde in Polen und Mitbegründer des Kunst­museums (Muzeum Sztuki) in Łódź, der ihm auch seine erste Ausstellung in seiner Heimatstadt ermöglichte.

1939 floh Schwarz mit seinen Brüdern nach Lwiw, das damals von der Sowjet­union besetzt war, kam aber 1940 nach Łódź zurück, um seine Eltern und seine Schwester im Getto zu unterstützen. Er wurde 1944 mit seinem Vater und seinen Brüdern in das KZ Oranienburg deportiert, später in ein Außenlager des KZ Sachsen­hausen.

Nach der Befreiung durch die sowjetische Armee ging Schwarz nach Łódź zurück, wollte aber nach dem Erlebten dort nicht bleiben und wurde am 28. Dezember 1945 im DP-Krankenhaus St. Ottilien in Oberbayern registriert. Zur Zeit der „Ausstellung der Jüdischen Künstler“ lebte er im jüdischen DP-Lager Feldafing. Schwarz zeigte 46 Arbeiten, darunter sieben Bühnenmodelle, die er für das jiddisch­sprachige Lager-Theater entworfen hatte.

Schwarz emigrierte 1948 nach Paris, 1951 nach Israel und änderte seinen Namen in Pinchas Shaar. Seine Arbeiten stellte er unter anderem im Tel Aviv Museum of Art, im Jüdischen Museum in New York und 1960 im Pavillon Israel auf der Biennale in Venedig aus.

Gezeigte Werke

  • Bild: Yad Vashem Art Collection, Jerusalem (Mit freundlicher Genehmigung von Barbara und Lewis Shrensky, Washington, D.C.)

Where to? [Wohin?], DP-Sanatorium Gauting, 1945, Öl auf Holztafel

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Pinkus Schwarz vor seinen Arbeiten in der „Ausstel­lung der Jüdischen Künstler“, Städtische Galerie im Lenbachhaus, 1948

Schwarz zeigte 46 Arbeiten, darunter sieben Bühnen­modelle, die er wahrschein­lich für das jiddische Lager-Theater entworfen hatte.

Ein Ölgemälde auf Holz mit dem Titel „Where to?“, gemalt 1945 im DP- Sanato­rium Gauting, befindet sich heute in der Yad Vashem Art Collection in Jerusalem. Zu sehen ist ein psychisch und physisch völlig erschöpfter Mensch, der mit dem Rücken an einer Wand sitzt, nach vorne gebeugt. Seine Gesichts­züge scheinen im Lichtspiel verschwunden. Es handelt sich hierbei um die Arbeit „Sitting man“ in Öl aus der Werkliste der „Ausstel­lung der Jüdischen Künstler“.

Pinkus Schwarz ist es gelungen das Ghetto- und Auschwitzerlebnis nicht weniger unmittelbar, aber dabei völlig unnaturalis­tisch zu gestalten. Der Einfluss moderner franzö­sischer Kunst ist unver­kenn­bar.

Münchner Merkur, 22.11.1948

Liste aller gezeigten Werke

101. Figürliche Komposition, Öl

102. Die Wanderer, Öl

103. KZ Reminiszenzen, Öl

104. Maapilin, Öl

105. KZ Reminiszenzen, Öl

106. Beim Essen (Ghetto), Öl

107. Mistwagen im Ghetto, Öl

108. Sitzender, Öl

109. KZler, Öl

110. KZ Reminiszenzen, Öl

111. Komposition, Öl

112. Stilleben, Öl

113. Der Bettkranke, Aquarell

114. Junger Talmudist, Aquarell

115. Stilleben, Aquarell

116. Saxophonist, Aquarell

117. Ringkämpfer, Aquarell

118. Arme Liebe, Aquarell

119. Mutter und Kind, Aquarell

120. Menschen, Aquarell

121. KZ Reminiszenzen, Aquarell

122. Blumen, Aquarell

123. Musikant, Aquarell

124. Basist, Aquarell

125. Geiger, Aquarell

126. Toilette, Aquarell

127. Kartenspieler, Aquarell

128. Figur mit Blumen, Aquarell

129. Drei Jünglinge, Aquarell

130. Der Baum, Aquarell

131. Akt, Zeichnung

132. Kinderbad, Zeichnung

133. Odaliske, Zeichnung

134. Aussiedlung, Zeichnung

135. Der Bildhauer, Zeichnung

136. Akt, Zeichnung

137. Die Klage, Gipsplastik

138. Liegender Akt, Gipsplastik



Bühenmodelle:

139. Für „Menschen“ v. Schalom Aleichem

140. „Marzepanes“ v. Kadie Molodowska

141. „Tewje der milchiker“ v. Schalom Aleichem

142. „Tewje der milchiker“ v. Schalom Aleichem

143. „Schlomo-Molcho“ v. A. Leiles

144. „Hoffnung“ v. H. Heiermans

145. „Hoffnung“ v. H. Heiermans



145.-152. Plakate, o.T.

Pinkus Schwarz als Plakatkünstler

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Jewish Research, New York

Plakat „Helft shraybn di geshikhte von letstn khurbn“ [Helft mit, die Geschichte der letzten Zerstörung zu schreiben], Entwurf Pinkus Schwarz, München, 1947

In der „Ausstellung der Jüdischen Künstler“ stellte Schwarz auch Plakate aus. Es könnte sich hierbei um Ent­würfe handeln, die er für DP-Institutionen fertigte: So hatte sich Pinkus Schwarz 1947 an einem Wettbewerb der Zentralen Historischen Kommission in München beteiligt.

Mehr dazu

Das Plakat zeigt einen toten Häftling, vor dessen Brust eine aufgerollte Schriften­rolle liegt. In hebräischen Lettern sind dort die ersten Worte aus dem Buch Esther der hebrä­ischen Bibel zu lesen: „Es begab sich in jenen Tagen [...]“. Darunter steht in Jiddisch die Aufforderung an die Displaced Persons, sich an der Dokumentation der jüngsten Katastrophe – fun letzn churbn – zu beteili­gen. Die Zentrale Histo­rische Kommission sammel­te Fotografien, Dokumente und Erinner­ungen , die Zeugnis von der Verfolgung und Vernich­tung der Juden in Europa ablegen.

Hirsch Szylis

früher Zvi Hirsch Schilis (1909 in Bełchatów — 1987 in Safed)
  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Hirsch Szylis überlebte das Getto Łódź und mehrere Konzen­trationslager. Nach der Befreiung kam er in das DP-Lager Feldafing. Es gelang ihm, Bilder, die er heimlich im Getto gemalt und dort versteckt hatte, nach Kriegs­ende zu bergen und auszu­stellen.

Mehr zur Biografie

Hirsch Szylis war ein Schüler des bekannten polnischen Malers Maury­cy Trębacz. Er studierte Kunst in Łódź und War­schau und stellte seine Werke in ganz Polen aus.

Im Dezember 1939 wurde er mit seiner Frau, seiner Tochter, den Eltern und seiner Schwester in das Getto Łódź gezwungen. Dort erhielt er auf Befehl des Leiters der deutschen NS-Verwaltung, den Auf­trag, SS-Offiziere zu porträ­tieren. Im Geheimen malte Szylis Alltagsszenen aus dem Getto und versteckte die Bilder.

1944 wurde er ins Vernich­tungslager Auschwitz deportiert, dann ins KZ Sachsenhausen, ins KZ Flossenbürg und ins KZ Dachau, wo er schließlich befreit wurde.

Mit einem Gewicht von nur 37 Kilogramm gelangte er in das DP-Lager Feldafing. Als er von der Entdeckung einiger seiner Arbeiten im ehemaligen Getto Łódź erfuhr, wandte er sich an das Zentralkomitee der befreiten Juden und benannte weitere Ver­stecke, sodass er einzelne seiner Werke zurück­erhalten konnte.

Szylis emigrierte 1950 zunächst nach Paris und ging 1953 nach Israel. Dort lebte er in der Künstler­kolonie Safed im Norden Israels.

Gezeigte Werke

  • Bild: Yad Vashem Art Collection, Jerusalem (Schenkung von Familie Shilat, Haifa)

Children in the Ghetto [Kinder im Getto], Getto Łódź, 1942-1944, Aniline auf Jute

  • Bild: Yad Vashem Art Collection, Jerusalem (Schenkung von Familie Shilat, Haifa)

Sketch for „The Troubadour“ [Skizze für „Der Troubadour“], Getto Łódź, 1943, Buntstift auf Pappe

  • Bild: Yad Vashem Art Collection, Jerusalem (Schenkung von Familie Shilat, Haifa)

Street in the Łódź Ghetto [Straße im Getto Łódź], Getto Łódź, 1943, Buntstift auf Pappe

  • Bild: Yad Vashem Art Collection, Jerusalem (Schenkung von Familie Shilat, Haifa)

A Street in the Łódź Ghetto [Eine Straße im Getto Łódź], Getto Łódź, 1943, Buntstift auf Pappe

  • Bild: Yad Vashem Art Collection, Jerusalem (Schenkung von Familie Shilat, Haifa)

The Troubadour [Der Troubadour], Getto Łódź, 1943–44, Buntstift auf Pappe

  • Bild: Yad Vashem Art Collection, Jerusalem (Schenkung von Familie Shilat, Haifa)

Houses in the Ghetto [Häuser im Getto], Getto Łódź, 1939–1942, Kreide und Gouache auf Pappe

Szylis stellte 13 Bilder mit Szenen aus dem Getto Łódź aus, darunter die heute erhaltenen Werke „Mist­wagen im Lodscher Ghetto“ und „Kinder im Ghetto-Hof“. Der Jauchewagen war eines der charakteristischen Kenn­zeichen des Getto Łódź, das zum Symbol der physischen Versklavung und des Aus­maßes der Erniedrigung wurde, das die Bewohner­innen und Bewohner erlitten.

Liste aller gezeigten Werke

153. Mistwagen im Lodscher-Ghetto, Mischtechnik

154. Lebensmitteltransport, Mischtechnik

155. Kinder im Ghetto Hof, Mischtechnik

156. Leichensammler im Ghetto, Mischtechnik

157. Hofmusiker, Mischtechnik

158. Lodscher Ghetto, Mischtechnik

159. Suppe, Mischtechnik

160. Das Ghetto Viertel „Maryschin“, Mischtechnik

161. Galgen im Ghetto, Mischtechnik

162. Portraitstudie M.M., Kohlezeichnung

163. Portraitstudie M.H., Kohlezeichnung

164. Autoporträt, Pastell

165. Porträt Frl. B.K., Pastell

„Ausstellung des jüdischen Künstlers H. Szylis“, München, 1950

  • Bild: Jüdisches Museum München

Ausstellungskatalog der „Bilder-Ausstellung“ mit Bildern von Hirsch Szylis München, 1950

1950 folgte für Szylis eine Solo-Ausstellung in der Möhl­straße 12a, wo auf engstem Raum, direkt neben dem Zentral­komitee der befreiten Juden, auch der jüdische Schriftstellerverband und die Zentrale Historische Kom­mis­sion ihre Büros hatten. Die Ausstellung mit 32 Bildern war dort vom 9. bis 23. April 1950 zu sehen. Dazu erschien eine bebilderte Broschüre in jiddischer und deutscher Sprache.

Rezeption

Die Kunst rettete ihr Leben

Münchner Merkur, 22. November 1948



Rezension im Münchner Merkur, 22. November 1948

Die Kunst rettete ihr Leben

Die Kunst hat dem jüdischen Maler H. Szylis das Leben gerettet. Als er ins Kz Auschwitz eingeliefert wurde, sprach es sich bei den Wachen herum, daß er sehr charakteristische Porträts zeichnen könne. Alsbald durfte er nicht nur die Köpfe der SS-Männer nach der Natur, sondern auch deren Frauen und Mädchen nach Photographien abkonterfeien, ja besonders „Gemütvolle" hatten den Einfall, ihn klassische Bilder nach Reproduktionen kopieren zu lassen. Böcklins Toteninsel und das Selbstporträt mit dem Tod wurden bevorzugt: Dürers Selbstbildnis für das Kasino bestimmt. Sogar Himmlers Schwager bestellte sich ein Gemälde des mit Stacheldraht abgesperrten Ghettos von [Lodz].

Ohne Ressentiment und Ironie erzählt es der Maler – später gerade noch knapp dem Tod in Dachau entronnen – vor seinen jetzt nochmals aus der Erinnerung mit Kohle und Pastellstift ausgeführten Bildern düsterer östlicher Bedrücktheit. Seinem jüngeren Leidensgenossen Pinkus Schwarz ist es gelungen, das Ghetto- und das Auschwitzerlebnis nicht weniger unmittelbar, aber dabei völlig unnaturalistisch zu gestalten. Der Einfluß moderner französischer Kunst ist unverkennbar, doch sind in lehmigen Farben einige „Reminiszenzen“ zu persönlicher, erschütternder und befreiender Form geworden; diese große Begabung ist so vielseitig fruchtbar, daß sie auch die Gefahr eines Abgleitens – zumal ins konventionelle Plakat – in sich birgt.

Anderen wurde in der Leidenszeit der farbige Abglanz der Welt zum Trost. Die Blumenstücke von Prof. Maximilian Feuering leuchten in wesenseigener, harmonischer Pracht. Ewa Brzezinska hebt im bunten Teppich ihrer Landschaftsaquarelle gern das „Gewebe“ hervor und nähert sich – nicht unbedenklich – dem Abstraktdekorativen.

So stellen sich in einer Ausstellung, welche das Kulturamt beim Zentralkomitee der befreiten Juden in den Räumen der Städtischen Galerie veranstaltet, vier jüdische Maler dar, mit aller Verschiedenheit der Richtungen und Temperamente. Gemeinsam aber ist ihnen die Rettung aus äußerster Not des Lebens und der Seele durch ihre Kunst.

Pz.



Rezension in der Süddeutschen Zeitung, 11.Dezember 1948

Ausstellung jüdischer Künstler

Unter den fünf jüdischen Künstlern, die in der Städtischen Galerie ihre Arbeiten zeigen, ist Maximilian Feuerring der gereifteste: ein starkes, die Welt der Erscheinung in Farben sehendes, diszipliniertes Talent. Seine Aquarelle. Schichtengouaches, Tempera- und farbigen Tuschblätter sind unverkennbar von einem intensiven Studium der Pariser Malerei, im besonderen der von Matisse und Bonnard, bestimmt. Dieser Maler hat sich einer guten Schule anvertraut, ohne seine Selbständigkeit zu verlieren. Er zeigt Landschaften mit oberbayerischen Motiven von einer hochkultivierten, duftigen Farbigkeit, Stilleben, Porträts, Akte, Interieurs von klarem, farbigem Aufbau. Freilich entgeht er nicht immer der Gefahr, zu sehr in eine bengalische Farbigkeit zu geraten. Hirsch Szylis ist in der farbigen Gestaltung wenig [?]. Er erzählt, im Künstlerischen naiv, im Ausdruck mit der Drastik des vom Motiv gepackten Autodidakten, Szenen des trostlosen Ghetto-Lebens von Lodz. Dem unsicher suchenden, vielseitig angeregten und sich zu vielseitig betätigenden jungen Pinkus Schwarz fehlt es noch an der zur größeren Leistung nötigen Disziplinierung, nicht an Begabung, die überall spürbar ist, auch in den Bühnenbildmodellen für das Theaterspiel in den DP-Lagern. Ewa Brzezinska kommt zu den glücklichsten Lösungen, wo sie ihrem dekorativen Empfinden gerecht werden kann. Die plastischen Arbeiten von Leon Kraicer zeigen Begabung in der Charakterisierung des Mimischen und der Bewegung, halten sich im ganzen aber in einem illustrativen Naturalismus.

H.E.

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Research, New York

Aufbruch

Für die meisten jüdischen Dis­placed Persons war der Aufenthalt in der US-amerikanischen Zone nur eine Zwischenstation. Von den Organisationen und Orten, die sie in München geschaffen hatten, blieb nur wenig. Entsprechend war auch die dritte und letzte Jahreskonferenz des Schriftsteller­verbandes am 19. Dezember 1948 in München von einer Aufbruch­stimmung der Anwesenden ge­prägt.

Schließlich wanderten Pinkus Schwarz und Ewa Brzezińska nach Israel aus, Hirsch Szylis entschied sich 1950 zunächst für Paris und übersiedelte 1953 nach Israel. Maximilian Feuerring emigrierte 1950 nach Sydney. Alle vier ver­such­ten ihr kreatives Schaffen nach ihrer „Zwischenzeit“ im Nachkriegs­münchen an ihren neuen Wohnorten fortzusetzen.

Von Leon Kraicer fehlt jede Spur.