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Timeline

München Displaced

Jüdische Displaced Persons in München 1945–1951
  • Bild: Haus der Bayerischen Geschichte (Bayer. Pressebild)

1945

29. April

Befreiung des Konzentrations­lagers Dachau und seiner Neben­lager durch US-Streitkräfte



  • Bild: NARA 111-SC-206196 (Public Domain)

Befreiung Inhaftierter aus dem Konzentrationslager Dachau, 1945



30. April

Besetzung Münchens durch US-Streitkräfte



April

Die ersten Teams der inter­nationalen Hilfsorganisation UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) nehmen ihre Arbeit im besetzten Deutschland auf.

8. Mai: Kriegsende

Mehr als acht Millionen Menschen gelten als Displaced Persons. Die meisten dieser sechs Millionen Zwangs­arbeiter­innen und Zwangs­arbeiter, zwei Millionen Kriegs­gefangenen und 700.000 ehemaligen KZ-Häftlinge werden rasch in ihre Heimat zurück­gebracht. Eine kleine Gruppe bilden die 50.000 bis 70.000 jüdischen Über­lebenden, für die die Repatriierung nicht infrage kommt.

3. August

Der Harrison-Bericht über die akuten Lebens­situationen der jüdischen DPs wird der US-Regierung vorgelegt: In der Folge werden eigene DP-Lager für jüdische DPs eingerichtet.

The first and plainest need of these people is a recognition of their actual status and by this I mean their status as Jews. Most of them have spent years in the worst of the concentra­tion camps. In many cases, although the full extent is not yet known, they are the sole survivors of their families [...] Understand­ably, therefore, their present condition, physical and mental, is far worse than that of other groups.

EARL G. HARRISON, 1945

DE

Das erste und deutlichste Bedürfnis dieser Menschen ist die Anerkennung ihres tatsächlichen Status, und damit meine ich ihren Status als Juden. Die meisten von ihnen haben Jahre in den schlimm­sten Konzentrations­lagern verbracht. In vielen Fällen, auch wenn das ganze Ausmaß noch nicht bekannt ist, sind sie die einzigen Über­lebenden ihrer Familien [...] Verständlicher­weise ist daher ihr gegen­wärtiger Zustand, physisch und psychisch, weitaus schlechter als der anderer Gruppen.



4. August

Der Joint (American Jewish Joint Distribution Committee) nimmt seine Hilfstätigkeit in der US-Zone auf.

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Das American Jewish Joint Distribution Committee (AJDC / Joint) spielte nach dem Zweiten Weltkrieg für die Versorgung der Überlebenden eine entschei­den­de Rolle. Es finanzierte Not­hilfeprogramme, um die Grund­bedürfnisse zu sichern, aber auch Bildungs- und Kultur­programme. Außer­dem verteilte der Joint, zusammen mit der religiösen Vaad Hatzala (hebr. Rettungskomitee), auch Gebets­mäntel und Gebetsbücher, Mesusot und Seder-Teller, damit die Überlebenden wieder ein selbstbestimmtes jüdisch-religiöses Leben führen konnten. Zwar war nur eine Minderheit der DPs religiös, trotzdem spielten jüdische Traditionen eine wichtige Rolle für die Sche’erit Hapleta.

Die Religionsabteilung des Joint in München beauftragte beispiels­weise jüdische DPs in Marktredwitz in Oberfranken, mehr als zweitausend Seder-Teller herzustellen, die dann in Lagern und Privathäusern für Pessach unter den DPs verteilt wurden.

  • Bild: Jüdisches Museum München, Foto: Franz Kimmel

Seder-Teller ausgegeben durch den JOINT, Bayern 1948, JM 04/2004



18. September

Das DP-Lager Föhrenwald wird nach Landsberg und Feldafing das dritte jüdische DP-Lager im Umland von München.



1. Oktober

Die UNRRA übernimmt offiziell die Verwaltung der DP-Lager in der US-Zone. Ende des Jahres betreut sie insgesamt 227 jüdische und nicht-jüdische Lager in den drei westlichen Besatzungszonen.



  • Bild: ITS Digital Archive, Arolsen Archive

Karte der UNRRA D.P. Operations Germany, 8. Mai 1946

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Ausgabe von Hilfsgütern an Bewohner*innen des DP-Lagers Föhrenwald, ca. 1945-1947



1946

340.000

DPs in den DP-Lagern der US-Zone, davon

33.000

jüdischer Herkunft

27.- 29. Januar

Erster Kongress der befreiten Juden in der US-Zone im Münchner Rathaus



4. Juli

Pogrom in Kielce (Polen): In den folgenden Wochen und Monaten erreicht die Flucht aus Polen ihren Höchst­stand.



7. September

Offizielle Anerkennung des Zentral­komitees der befreiten Juden in der US-Zone durch die amerikanische Militär­regierung

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Das Zentralkomitee der befreiten Juden in der US-Zone zeigte das hohe Maß der Selbst­organisation der Sche’erit Hapleta in den Jahren von 1945 bis 1950. Das neu geschaffene Gremium richtete sein Büro in München zunächst im Deut­schen Museum ein, dann in der Siebertstraße.

Ziel war es, die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Notlage der jüdischen Überlebenden in den DP-Lagern zu lenken, um Druck auf Großbritannien auszuüben, Palästina für die Einwanderung der DPs zu öffnen. Durch seine Abteilungen spielte das Zentralkomitee eine entscheidende Rolle in den Bereichen Bildung, Kultur, religiöse Angelegenheiten, historische Doku­men­tation, Ausbildung, Versorgung und Verteilung, Politik, Familien­suche und Einwanderung, Rechtsangelegenheiten und Restitution.



  • Bild: Haus der Bayerischen Geschichte (Bayer. Pressebild)

Mitarbeiter*innen im Büro des Such­dienstes des Zentral­komitees der befreiten Juden, Juni 1946

1947

340.000

DPs in den DP-Lagern der US-Zone, davon

33.000

jüdischer Herkunft

27. Februar

Zweiter Kongress der befreiten Juden in der US-Zone in Bad Reichenhall

  • Bild: Jüdisches Museum München, Nachlass Dr. Dr. Simon Snopkowski, München

Fotoalbum zum Zweiten Kongress der Sche’erit Hapleta in der amerika­nischen Zone in Bad Reichenhall, 1947

22. Mai

Die einzige als Gebäude erhaltene Münchner Synagoge in der Reichen­bach­straße wird wieder­eröffnet.

  • Bild: Stadtarchiv München

Studium der Baupläne inmitten der Baustelle, 9. Oktober 1946

  • Bild: Bayerische Staatsbibliothek München / Bildarchiv

Hinterhofansicht der Synagoge Reichenbachstraße

  • Bild: Stadtarchiv München

Innenaufnahme der neu gestalteten Synagoge, 1947

  • Bild: United States Holocaust Memorial Museum, Washington, DC

Wiedereinweihung der Synagoge Reichenbachstraße, 1947

1. Juli

Die IRO (International Refugee Organisation) löst die UNRRA ab.



Juli

Auch in München demonstrieren DPs gegen die Abweisung jüdischer Geflüchteter aus dem britischen Mandatsgebiet Palästina. Anlass ist die Rück­führung der Passagiere des Einwandererschiffs „Exodus 1947“ in die britische Zone.



  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Jewish Research, New York

Demonstration gegen die Rück­führung der Passagiere des Ein­wanderer­schiffs „Exodus 1947“, München, Juli 1947

1948

380.000

DPs in den DP-Lagern der US-Zone, davon

125.000

jüdischer Herkunft

30. März

Dritter Kongress der befreiten Juden in der US-Zone in Bad Reichenhall



14. Mai

Die Staatsgründung Israels leitet das Ende der jüdischen DP-Präsenz in Deutschland ein.



25. Juni

Der US-Kongress verabschiedet den U.S. Immigration Act: Die Einwanderung in die USA wird für DPs erleichtert.



27. Juni – 6. Juli

Der Jüdische Weltkongress fordert die Jüdinnen und Juden in einer Resolution auf, „sich nie mehr auf dem blutgetränkten Boden Deutschlands niederzulassen“.

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Erste offizielle Ausreise jüdischer DPs vom Güter­bahnhof auf dem Gelände der Funk­kaserne in den neu­gegründeten Staat Israel, 13. Juli 1948

  • Bild: Haus der Bayerischen Geschichte (Bayer. Pressedienst)



7.–28. November

Eine Künstlerin und vier Künstler der Sche’erit Hapleta stellten ihre Werke in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus aus.

  • Bild: From the Archives of the YIVO Institute for Jewish Research, New York

Plakat „Oysshtelung fun yidishe kinstler“, hg. vom Kulturamt des Zentralkomitees der befreiten Juden in der amerikanischen Zone, München, 1948

  • Bild: From the Archives oft he YIVO Institute for Research, New York

Pinkus Schwarz (später Pinchas Shaar), Maximilian Feuerring, Ewa Brzezińska und Hirsch Szylis (v.l.n.r.), Städtische Galerie im Lenbachhaus, 1948

  • Bild: Yad Vashem Art Collection, Jerusalem, Mit freundlicher Genehmigung von Barbara und Lewis Shrensky, Washington, D.C.

Pinkus Schwarz: Where to? (Wohin?), DP-Sanatorium Gauting, 1945, Öl auf Holztafel

1949

323.000

DPs in den DP-Lagern der US-Zone, davon

109.000

jüdischer Herkunft

10. August

Bei einer Demonstration gegen die unkommen­tierte Veröffentlichung eines antisemitischen Leserbriefs in der Süd­deutschen Zeitung werden drei DPs durch die deutsche Polizei verletzt.



  • Bild: Hermann Grönert

Demonstration in der Möhlstraße, München, 10. August 1949; DE: Nieder mit dem "Stürmer" von 1949, der "Süddeutschen Zeitung"

1950

250.000

DPs in den DP-Lagern der US-Zone, davon

64.000

jüdischer Herkunft

17. Dezember

Das Zentralkomitee der befreiten Juden in der US-Zone stellt seine Arbeit offiziell ein.

1951

125.000

DPs in den DP-Lagern der US-Zone, davon

15.000

jüdischer Herkunft

1. Dezember

Das DP-Lager Föhrenwald geht als „Regierungs­durchgangs­lager für heimat­lose Ausländer“ in die Verwaltung der Bundes­republik über und wird 1957 geschlossen. Die letzten Bewohnerinnen und Bewohner werden auf neun verschiedene Städte verteilt, 492 von ihnen bleiben in München.